Das Castello della Manta im Piemont - mit tapferen Männern, Heldinnen, Liebe und einer mysteriösen Aura, ...
... die schon immer um diese Burg geschwebt ist. Vielleicht weil das Rätsel, warum der Name des Künstlers, der den Sala Baronale schuf, unbekannt blieb und es eine geheimnisvolle Botschaft für diejenigen gibt, die den Freskenzyklus des Jungbrunnens mit Muse zu bewundern wissen.
Der Sala Baronale überrascht seine eintretenden Besucher mit der Fülle seiner Bilder. Und das tat er auch schon zur Zeit seiner Entstehung im 15. Jahrhundert. Man ist hier umgeben von Rittern, schönen Edeldamen und mitten in dem ewigen Traum, Mitwirkender des höfischen Lebens zu sein. Mit all den Freuden und dem Prunk eines Zeitalters, das längst untergegangen ist.
Neun edle Ritter und neun Edeldamen bilden hier eine festliche Prozession unter, mit unterschiedlichen Wappen geschmückten, Laubbäumen auf grünem Wiesengrund. Alle sind in kostbare Kleider gehüllt und tragen mit Stolz ihre Waffen. Ihre historischen Vorbilder stammen aus der Dynastie der Marquise von Saluzzo. Bewundernd betrachte ich ihre höfischen Gesten, den prächtigen Kopfschmuck und die glänzenden Platten ihrer Rüstungen.
In diesem imposanten Sala Baronale wurde die Kultur des Rittertums mit seinen Idealen und Verhaltenskodes perfekt dargestellt. Die gemalten Tafeln unter den adeligen Frauen und Männern erzählen die Geschichte eines heldenhaften Paladins, der nach tausend Abenteuern im Palast der Glücksgöttin landet, wo er auf neun Prinzen der Antike trifft mit deren Jahreszahlen in römischen Ziffern. Abgesehen von dem großen historischen und künstlerischen Wert dieses Werkes, ist es für diese Burg charakteristisch, dass die Summe aller vorhandenen römischen Ziffern auf den Tafeln, die Jahreszahl 1422 ergeben. Das Jahr, auf das nach Ansicht vieler Historiker das Werk selbst zurückgeht.
An der Wand gegenüber der tapferen Helden und Heldinnen, ist ein anderer Mythos des späten Mittelalters abgebildet, jener eines Jungbrunnens. Von dem angenommen wurde, dass sein Wasser die Fähigkeit besitzt, das Alte zu verjüngen und vor Krankheiten zu schützen. Die Damen ihre Schönheit sowie Jungfräulichkeit wieder erhalten würden und das andere Geschlecht seine Manneskraft zurückbekommt. Die bildliche Entwicklung der Erzählung des Mythos entwickelt sich hier in drei Schritten: Zuerst das Hasten und Hetzen der zahlreichen Figuren zu Fuß, auf Karren oder zu Pferd zum Brunnen, wie es links im Fresko oben zu sehen ist.
Dann das Eintauchen in den begehrten Brunnen, der von komplexer und edler Architektur ist. Das Symbol ewiger Jugend sowie immer währenden Frühlings, und weit entfernt von irdischer Unsicherheit. Oder steckt doch mehr dahinter? Die geheime Botschaft in diesem Zyklus ist aber nach einer interessanten Deutung sehr viel mehr, als das verlockende Geschenk einer Kurzgeschichte. Also ...
... lassen wir das Bild von dem Brunnen auf uns wirken. Die Säule in der Mitte der Quelle trägt einen aus Stein gehauenen Blumenkelch, in dem ein Liebespaar Zärtlichkeiten austauscht. Das Herz auf dem Kelch wurde von zwei Pfeilen mit den Spitzen nach unter durchbohrt. Das bedeutet erdend, in diesem Fall sogar zwei Mal erdend. Geschossen hat wohl der geflügelte Amor mit dem Bogen in der Hand auf der Spitze des Brunnen. Ich würde das ein Bekenntnis an die Liebe nennen, als höchstes Gut, das uns nie genommen werden kann. Aber ...
dieser Bildzyklus hätte, wenn er zwei Jahrhunderte früher entstanden wäre, mit einer Darstellung des Grals abgeschlossen, und in diesem Sinne sind Kelch und Jungbrunnen in Manta gleichbedeutend.
Nachdem die Menschen ihre Jugend und Kraft wiedererlangt haben, geben sie sich spielerischen Wortwechseln hin, wie in dieser mittelalterlichen Szene zwischen einem Mann und einer sich noch zierenden Frau. Geradeso wie in einem modernen Comic ...
Die vielen Legenden rund um die Burg, kennt der freundliche Löwe in einer der Fensternischen bestimmt. Sie erzählen von unglücklich gescheiterten Liebenden und Geistern, die noch immer in den Räumen lauern.
So soll in den Vollmondnächten der Geist eines Mauren durch die Räume der Burg wandern und mit den Edelfrauen im Sala Baronale tanzen, die zu diesem Anlass lebendig werden. Der schöne junge Fremde, ein begnadeter Kenner der Heilkräuter und magischer Riten, wurde gefangen genommen und in den Turm des Castello gesperrt. Denn die schöne Tochter des Kastellan war von seiner sanften Art und seiner Weisheit in besonderer Weise angetan und verliebte sich in ihn. Obwohl die Liebenden bei ihren Treffen sehr vorsichtig waren und ihre Beziehung geheim hielten, wurden sie von ihrem Vater entdeckt ...
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Valerano di Saluzzo, war der illegitime Sohn des Marquis Tommaso III von Saluzzo und der Herr vom Castello della Manta. Um das Jahr 1422 entstanden diese einzigartigen Zeugnisse der damaligen ritterlichen Kultur. Gemalt von einem unbekannten Künstler, zählen sie zu den wertvollsten Beispielen höfischer Kunst. Ein Castello voller Symbole und Werte, die wohl nur von der Familie richtig verstanden wurden und mit ihnen endete auch das mittelalterliche Universum der Saluzzo.
Als moderne Frauen und Männer sehnen wir uns nach Geheimnissen, den ewigen Fragen und Rätseln, die wir - obwohl seit Aristoteles und anderen großen Denkern Jahrtausende vergangen sind - noch immer nicht lösen können. Oder wollen wir es vielleicht auch nicht wirklich?
Mein Reisetipp: Das absolut sehenswerte Castello della Manta, ein Juwel aus dem mittelalterlichen Piemont, liegt etwas abseits der üblichen Touristenpfade südlich von Turin!
❤️liche Grüße
eure Elma
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